Der Forschungsnewsletter zum Mittelstand
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– ein kostenloser Service des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn
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Ausgabe 1/2021 / 15. März 2021
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Liebe Abonnentinnen und Abonnenten,
Anfang März ist der Lockdown bis zum Monatsende verlängert worden. Zugleich gibt es aber eine Öffnungsstrategie, die sich an den regionalen Inzidenzwerten je 100.000 Einwohnern orientiert.
Im Vorfeld des Bund-Ländertreffens am 3. März hatten wir im IfM Bonn Vorschläge für eine mögliche Öffnungsperspektive für den Mittelstand erarbeitet. Lesen Sie im nachfolgenden Beitrag, was die mittelständischen Unternehmen in der aktuellen Situation zudem benötigen.
In dieser Newsletter-Ausgabe erfahren Sie außerdem, wie viele übergabereife Unternehmen tatsächlich fortbestehen bzw. während des Übergabeprozesses stillgelegt werden und warum mittelständische Industrieunternehmen gute Chancen haben, Plattformen in ihren jeweiligen Business-to-Business (B2B)-Segmenten zu etablieren.
Viele interessante Einblicke in unsere wissenschaftliche Arbeit wünscht Ihnen
Ihre
Prof. Dr. Friederike Welter Präsidentin des IfM Bonn
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Zu einer wertschätzenden Kommunikation mit dem Mittelstand gehört es, nicht nur Öffnungen in Aussicht zu stellen, sondern auch offen zu kommunizieren, welche Branchen aufgrund ihres Geschäftsmodells und der Gefahr der Ausbreitung von Virusmutationen aktuell noch nicht geöffnet werden können. Dazu zählen laut IfM-Hintergrundpapier "Perspektiven für den Mittelstand in der Covid 19-Pandemie, Teil 1: Herausforderungen für die Mittelstandspolitik" all diejenigen Unternehmen, bei denen das Geschäftsmodell auf Menschenansammlungen beruht bzw. mit der Mobilität der Bevölkerung verbunden ist. Für das Überleben dieser Branchen bzw. Unternehmen wäre es wichtig, über einen längeren Zeitraum – und so unbürokratisch wie möglich – finanzielle Unterstützung bereit zu stellen. Hierbei müssen allerdings unter Umständen Auswirkungen von Strukturveränderungen berücksichtigt werden. Diese können – unabhängig von der aktuellen Pandemielage – längerfristig das Konsumentenverhalten verändern und zu Einbrüchen in der Unternehmensentwicklung führen.
Gemeinsam in der EU agieren
Nationale Grenzschließungen sind hingegen wenig sinnvoll, da sie kaum die Verbreitung der Virusmutationen verhindern. Stattdessen sind sie mit erheblichen Kosten für den industriellen Mittelstand verbunden. Sehr viel sinnvoller wäre daher eine EU-weit koordinierte Strategie des Testens und Nachverfolgens im Umfeld der nationalen Grenzen.
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Pandemiebedingt sank die Anzahl der gewerblichen Existenzgründungen insbesondere im Gastgewerbe (-20,6 %), in den sonstigen personenbezogenen Dienstleistungen (-20,2 %) sowie im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung (-19,7 %).
Im Baugewerbe ging die Anzahl der Existenzgründungen zwar auch um 23,6 % gegenüber 2019 zurück – vorwiegend jedoch aus einem anderen Grund: die Wiedereinführung der Meisterpflicht in einigen Gewerken zu Beginn des Pandemiejahres. Aber auch Einschränkungen bei der Einreise aus dem Ausland gerade im Frühjahr 2020 dürfte ausländischen Gründern, die in diesem Wirtschaftszweig stark vertreten sind, die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit erschwert haben.
Ein deutliches Plus an gewerblichen Existenzgründungen verzeichnete das Gesundheits- und Sozialwesen (+21,3 %). Insgesamt lag die Anzahl der gewerblichen Existenzgründungen mit 235.000 um 11,7 % unter dem Vorjahreswert. Da die Anzahl der gewerblichen Unternehmensschließungen (224.000) sogar um 18,9 % sank, war 2020 erstmals seit 2011 wieder ein positiver gewerblicher Existenzgründungssaldo – die Differenz aus Existenzgründungen und Unternehmensschließungen – zu verzeichnen.
Entwicklung der gewerblichen Existenzgründungen nach Wirtschaftszweigen (Vergleich 2020-2019)
Weniger Gründungen je 10.000 Einwohner
Der Rückgang der gewerblichen Gründungsaktivitäten in Deutschland drückt sich auch in der gesunkenen Existenzgründungsintensität (Anzahl der Existenzgründungen je 10.000 Einwohner im erwerbsfähigen Alter) aus: von 51,6 (2019) auf 45,6 (2020). Am stärksten ging sie in Hamburg, Hessen, Bremen und Rheinland-Pfalz zurück.
Gewerbliche Existenzgründungsintensität in den Bundesländern 2020
Da in 2020 die Arbeit in den Gewerbemeldestellen beeinträchtigt war, sind die Angaben für dieses Jahr allerdings nur eingeschränkt mit den Vorjahresangaben vergleichbar.
Die aktuellen Zahlen und Tabellen zu den Gründungen und Unternehmensschließungen im gewerblichen Bereich sind hier zu finden.
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Im Landkreis München war es erneut am attraktivsten, ein (neues) Gewerbe anzumelden. Dahinter folgen der Landkreis Miesbach sowie die kreisfreien Städte Rosenheim und Leverkusen. Zu diesem Ergebnis kommt das NUI (Neue Unternehmerische Initiative)-Regionenranking 2019.
Insgesamt zählen 8 Landkreise und kreisfreie Städte in Bayern (vor allem im Umland von München), sechs Landkreise und kreisfreie Städte in Hessen (Großraum Frankfurt a. M. und Wiesbaden), Berlin, Leverkusen (NRW), Baden-Baden (Baden-Württemberg) sowie je ein Landkreis in Schleswig-Holstein (Nordfriesland), in Sachsen (Görlitz) und in Brandenburg (Teltow-Fläming) zu den zwanzig Höchstplatzierten.
Das IfM Bonn veröffentlicht seit 1998 jährlich das NUI-Regionenranking. Der NUI-Indikator setzt die Zahl der Gewerbeanmeldungen ins Verhältnis zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Als neue unternehmerische Initiative gelten sowohl Existenzgründungen (einschließlich Übernahmen) als auch Gründungen von Zweigniederlassungen, Zuzüge von Gewerbebetrieben und Aufnahmen einer gewerblichen Nebenerwerbstätigkeiten. Sowohl Veränderungen bei der Zahl der Gewerbeanmeldungen als auch eine Zu- oder Abnahme der erwerbsfähigen Bevölkerung können sich auf den NUI-Wert auswirken.
NUI-Regionenranking: räumliche Verteilung
 Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Stand 2021, Berechnungen des IfM Bonn.
Das NUI-Regionenranking 2019 finden Sie auf der Internetseite des IfM Bonn hier.
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Erstmals hat ein Projektteam des IfM Bonn in der Studie "Herausforderungen der Unternehmensübergabe: Unternehmen zwischen Fortführung und Stilllegung" untersucht, wie viele Unternehmen in Deutschland im Zuge des Übergabeprozesses stillgelegt werden und welche Faktoren dazu beitragen. Dr. Jutta Gröschl (Newsletter-Redaktion) sprach mit IfM-Projektleiterin Dr. Nadine Schlömer-Laufen über die Studienergebnisse.
NL-Redaktion: "Wie viele Unternehmen, die Sie mit Ihrem Team für den Zeitraum 2012 bis 2016 untersucht haben, waren am Ende des Beobachtungszeitraum noch aktiv?"
Dr. Nadine Schlömer-Laufen: "Nach unseren Hochrechnungen bestanden rund drei Viertel der insgesamt gut 90.000 Betriebe, deren Übergabe im Beobachtungszeitraum geplant war, weiterhin am Markt fort. 22.700 übergabereife Betriebe wurden hingegen im selben Zeitraum stillgelegt."
NL-Redaktion: "Können Sie diese Unternehmen, die fortbestanden, kurz näher beschreiben?"
Dr. Nadine Schlömer-Laufen: "Diejenigen Unternehmen, für die eine Übergabe an ein Familienmitglied angestrebt wurde, waren seltener von einer Stilllegung betroffen als beispielsweise Unternehmen, die einen Verkauf an einen familienexternen Nachfolger oder eine Nachfolgerin planten."
NL-Redaktion: "Familieninterne Übergaben bergen also weniger Risken. Und gibt es noch weitere Einflussfaktoren, die Sie mit Ihrer Studie aufzeigen konnten?"
Dr. Nadine Schlömer-Laufen: "Unternehmen mit eingeschränkter Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit sind generell gefährdeter, stillgelegt zu werden. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten sich daher nicht nur frühzeitig mit dem Zeitpunkt des eigenen Rückzugs beschäftigen, sondern sich auch ein realistisches Bild vom Zustand ihres Unternehmens machen."
Die Studie "Herausforderungen der Unternehmensübergabe: Betriebe zwischen Fortführung und Stilllegung" ist hier zu finden.
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Industrieunternehmen haben gute Chancen, in ihren jeweiligen Segmenten digitale Business-to-Business (B2B)-Plattformen zu etablieren. Dadurch könnten sie ihre hohen Wertschöpfungsanteile nicht nur halten, sondern sogar ausbauen. Zu diesem Fazit kommt die Studie "Digitale B2B-Plattformen – Status Quo und Perspektiven der Industrie in Deutschland", die das IfM Bonn im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung erstellt hat. Hinzu kommt, dass die industriellen B2B-Plattformmärkte zumindest in absehbarer Zeit nicht von einem oder sehr wenigen Unternehmen dominiert werden. Eine spezifische wettbewerbspolitische Regulierung ist daher nach Ansicht der IfM-Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen – anders als im Business-to-Consumer (B2C)-Segment – derzeit nicht notwendig.
Wettbewerbsvorteil EU-Binnenmarkt
Voraussetzung für eine erfolgreiche Transformation zu plattformbasierten Prozessen oder Geschäftsmodellen sind jedoch einheitliche regulatorische Rahmenbedingungen in Europa, die einen ungehinderten grenzüberschreitenden Datenverkehr ermöglichen. Auch wenn Skaleneffekte bei digitalen B2B-Plattformen weniger bedeutend sind als bei B2C-Geschäftsmodellen, ist die Marktgröße für die Unternehmen dennoch ein relevanter Erfolgsfaktor im Wettbewerb mit anderen großen Wirtschaftsräumen.
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Aktualisierte IfM-Statistik
In den vergangenen Wochen wurde folgende Statistik auf der Internetseite des IfM
Bonn aktualisiert:
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Vorschau:
Im Forschungsnewsletter 2/2021 können Sie u. a. lesen,
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welche Chancen FinTechs für mittelständische Unternehmen bieten,
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➤ |
wie sich das Unternehmertum während der Corona-Pandemie entwickelt hat und
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welches Gründungsverhalten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an Hochschulen zeigen.
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Der Newsletter wird am 18. Juni 2021 versandt.
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Research Fellow Network des IfM Bonn
Das IfM Bonn hat in 2020 ein Research Fellow Network initiiert und renommierte, international tätige Entrepreurshipforscher dazu eingeladen. Ziel ist es, sich regelmäßig über aktuelle Forschungsthemen auszutauschen. Zudem besteht die Möglichkeit zu Forschungsaufenthalten im IfM Bonn.
Prof. Dr. Welter eröffnet europäische Info-Kanal-Reihe
Welche staatliche Unterstützung brauchen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nach Ende der Corona-Pandemie? Welche Rolle können die KMU im Hinblick auf mehr Nachhaltigkeit spielen? Wie können mehr Frauen zu unternehmerischer Tätigkeit ermutigt werden? Im Rahmen der neuen "LowCasts"-Reihe beantwortete Prof. Dr. Friederike Welter Mitte Februar diese und weitere Fragen des früheren britischen Ministers Lord Andrew Lansley.
Policy Brief: Neue Veröffentlichungen
Dr. Jörg Thomä, Dr. Katarzyna Haverkamp, Dr. Till Proeger, Dr. Petrik Runst (alle Volkswirtschaftliches Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen) stellen im Policy Brief "Das (unterschätzte) Potenzial von Handwerksrollendaten für die Gründungs- und Mittelstandsforschung" anhand von drei Beispielen dar, wie die Betriebsstatistik der Handwerkskammern als empirisch fundierte Grundlage genutzt werden kann. So lässt sich beispielsweise ablesen, dass die geringere Eintragung von neuen Handwerksbetrieben in die Handwerksrolle in 2020 weniger auf die Corona-Pandemie, als auf die erneute Novellierung der Handwerksordnung zurückzuführen ist.
Vor dem Hintergrund der Corona-Krise ist Dr. Stefan Schneck in einem weiteren Policy Brief der Frage nachgegangen, wann ein Einkommensrückgang den Lebensstandard von Selbstständigen gefährdet. Sein Ergebnis: Rund die Hälfte der Selbstständigenhaushalte kann ihren Lebensstandard nicht mehr halten, wenn sich das Selbstständigeneinkommen um 37 % reduziert. Nur jeder siebte Selbstständige lebt in einem Haushalt, der auch ohne die Einkünfte des Selbstständigen über ein ausreichendes Einkommen verfügt.
Externe Veröffentlichungen von IfM-Wissenschaftlern
Wie wirken sich Finanznachrichten auf die Entwicklung von Währungen, Aktien und Anleihen aus? Dr. Arthur Korus hat in seiner kumulativen Promotionsarbeit "The Impact of Brexit News and ECB’s Announcements on Asset Prices: Theory, Empirical Findings and Policy Implicatons" unter anderem den Einfluss von Brexit-Nachrichten auf die Wechselkurse des Pfunds sowie das Kreditrisiko von Unternehmen aus Großbritannien und der Eurozone beleuchtet.
Für ihren Beitrag "It´s right nearby: how entrepreneurs use spatial bricolage to overcome resource constraints" haben Prof. Dr. Steffen Koorsgard (University of Southern Denmark, Kolding/Dänemark), Ass. Prof. Sabine Müller (University of Oslo, Norwegen, und LEGO Gruppe, Dänemark) und Prof. Dr. Friederike Welter in einer Studie untersucht, auf welche Weise Unternehmer und Unternehmerinnen in
peripheren Regionen an die notwendigen Ressourcen kommen.
Das Buch "Contextualizing Entrepreneurship Theory" von Prof. Dr. Ted Baker (Rutgers Business School, Newark/USA) und Prof. Dr. Friederike Welter ist nun auch online in Open Access einsehbar. Die Autoren leiten darin theoretische und methodische Ansätze für die zukünftige kontextuelle Entrepreneurship-Forschung ab.
Die Forschungsergebnisse des IfM Bonn – (inter-)national präsent Dr. Teita Bijedić hielt Mitte März im Rahmen des "Virtuellen Fachforums – Migrantische Ökonomie: Digital und gut vernetzt durch die Krise" einen Vortrag zum "Better Entrepreneurship Policy Tool" der OECD. Dr. Rosemarie Kay referierte auf derselben Veranstaltung über "Gründen in NRW: Chancen und Herausforderungen". Anfang Februar hielt sie zudem einen Impulsvortrag beim digitalen runden Tisch "Migrantische Gründungen: Gut beraten im Gründungsprozess?".
Mitte März stellte Peter Kranzusch online Befunde zur Einkommenslage von Selbstständigen im Arbeitskreis "Die Arbeit der Selbstständigen" der Deutschen Gesellschaft für Soziologie vor.
Im Rahmen des Web-Seminars "Digitale Plattformen im Mittelstand – Gemeinsame Wertschöpfung als Chance? präsentierte Dr. Christian Schröder die Ergebnisse der Studie "Digitale B2B-Plattformen – Status quo und Perspektiven der Industrie in Deutschland".
Anfang Februar sprach Prof. Dr. Friederike Welter online das Grußwort auf dem Neujahrsempfang der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen. Gemeinsam mit Prof. Dr. David B. Audretsch (Indiana University, Bloomington/USA), Ass. Prof. Dr. Robert Wapshott (Nottingham University Business School/UK) gab sie Mitte Januar im Webinar "How to Publish in Entrepreneurship Journals" Tipps rund um wissenschaftliche Veröffentlichungen.
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