Die Expertenkommission Forschung und Innovation, zu der auch Prof. Dr. Dr. h.c. Friederike Welter (IfM Bonn/Universität Siegen) gehört, hat heute ihr aktuelles Jahresgutachten an Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger übergeben. Darin betonen die sechs Kommissionsmitglieder die Notwendigkeit von sozialen Innovationen, die im Zusammenspiel mit technologischen Innovationen zur Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen beitragen können. Unter sozialen Innovationen versteht die Expertenkommission neue individuelle und kollektive Verhaltensweisen sowie Organisationsformen, die zur Lösung gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Probleme beitragen und damit einen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen.
Datengrundlage verbessern
In ihrem Jahresgutachten unterstützt die Expertenkommission die Entwicklung ressortübergreifender Kennzahlen und einer aussagekräftigen wissenschaftlichen Datenbasis, wie sie in der Nationalen Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen dargestellt ist. Zugleich sieht sie die Notwendigkeit, bereits vorhandene Datenbestände bestmöglich in ein Gesamtkonzept zu integrieren. "Die Kennzahlenentwicklung und Datenerhebung zu sozialen Innovationen muss so gestaltet sein, dass eine sachgerechte Erfolgsmessung und Wirkungsanalyse von Politikmaßnahmen zur Förderung von sozialen Innovationen ermöglicht werden“, so der Vorsitzende der Expertenkommission, Prof. Dr. Uwe Cantner (Universität Jena). "Ziel muss es sein, eine flächendeckende, repräsentative und über einen längeren Zeitraum konsistente Datenbasis aufzubauen", ergänzt Prof. Dr. Friederike Welter fort. "Dabei sind wir uns der Hürden bewusst, die der Aufbau einer einheitlichen und repräsentativen Datenbasis mit sich bringt. Die Definitionsvielfalt sozialer Innovationen erschwert diese Aufgabe zusätzlich."
Auch gewinnorientierte Unternehmen bringen soziale Innovationen hervor
Sozialunternehmen werden häufig als besonders wichtige Quellen sozialer Innovationen wahrgenommen, da dieser Unternehmenstyp finanzielle Nachhaltigkeit mit gesellschaftlichem Engagement verbindet. Die Expertenkommission betont jedoch, dass auch gewinnorientierte Unternehmen soziale Innovationen hervorbringen, einsetzen und verbreiten. "Es sind insbesondere Unternehmen der forschungsintensiven Industrie und bei den wissensintensiven Dienstleistungen, die auch soziale Innovationen initiieren", so die IfM-Präsidentin. "Soziale Innovationen finden sich dabei oft in unternehmensinternen Prozessen, beispielweise in Form von Homeoffice, flexiblen Lebensarbeitszeitmodellen oder Mentoring-Programmen", ergänzt der Vorsitzende der Expertenkommission, Prof. Dr. Uwe Cantner. "Es werden aber auch Produkte und Dienstleistungen angeboten, die den Nutzerinnen und Nutzern sozial innovatives Verhalten ermöglichen, wie etwa Nachhilfeplattformen oder Telepflege."
Öffnung bestehender Förderformate für soziale Innovationen
Soziale Innovationen sollten aufgrund ihrer Bedeutung in Bezug auf die gesellschaftlichen Herausforderungen ein wichtiger Bestandteil bei der Ausgestaltung bestehender Förderprogramme sein. "Die Förderung sozialer Innovationen bedarf keiner speziellen, nur auf sie zugeschnittenen Programme, sondern sollte in bestehende Innovationsförderprogramme integriert werden. Auf diese Weise kann auch die wechselseitige Verstärkung zwischen sozialen und technischen Innovationen bei den Förderentscheidungen berücksichtigt werden“, konstatiert Prof. Dr. Uwe Cantner. "Wie bei technologischen Innovationen stellt die Finanzierung der Innovationsaktivitäten auch bei sozialen Innovationen ein wesentliches Innovationshindernis dar". Neben der Förderung der Entstehung sozialer Innovationen sollte auch die Übertragung und Erprobung lokal erfolgreicher sozialer Innovationen in anderen Kontexten wichtiger Bestandteil der Förderung sein. "Gerade die in der Nationalen Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen vorgesehene Plattform für soziale Innovationen ist wichtig für deren weitere Verbreitung", betont Prof. Dr. Friederike Welter.