IfM Bonn erwartet positiven Effekt durch die Digitalisierung der Vergabeprozesse
Unverständliche Anforderungen, immer gleiche Nachweise und ineffiziente Prozesse führen in kleinen und mittleren Bauunternehmen (KMU) bei der Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen zu psychologischen Belastungen wie Frustration und Ärger. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des IfM Bonn, die die bürokratische Belastung dreier Unternehmen in der Baubranche untersucht hat. Dabei zeigte sich, dass diese psychologischen Belastungen besonders in den Phasen der Suche, der Zusammenstellung der Formalien und der Angebotsabgabe auftreten.
Neben den psychologischen Belastungen wurden auch die monetären Kosten analysiert. Bei dem kleinsten Bauuunternehmen (bis zu 9 Beschäftigte) belaufen sie sich auf rund 3.070 Euro je öffentlicher Ausschreibung auf kommunaler Ebene. Das kleine und das mittlere Bauunternehmen wenden hingegen knapp 900 Euro bis maximal 1.600 Euro auf, da sie von Skaleneffekten und routinierten Abläufen profitieren. Die monetären Kosten sind insbesondere bei der Angebotserstellung hoch – in dieser Phase entstehen je nach Unternehmen 50 % bzw. 90 % aller monetären Kosten. Allerdings werden diese Kosten in der Regel akzeptiert, weil die Angebotserstellung als grundlegende Voraussetzung für die Beteiligung an der öffentlichen Vergabe wahrgenommen wird.
Digitalisierung der Vergabe dringend geboten
Da wenig Spielraum zur Reduzierung der monetären Kosten besteht und negative Emotionen zu einem Beteiligungsverzicht an öffentlichen Ausschreibungen führen können, empfehlen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IfM Bonn, den Fokus der Bürokratieentlastung verstärkt auf die psychologischen Kosten zu legen. "Ein wichtiger Schritt wäre die zügige Einführung des 'Once-Only'-Prinzips. Dadurch müssten die Unternehmen, die bereits einmal ihre Daten an öffentliche Stellen übermittelt haben, diese anschließend nicht noch einmal an anderer Stelle angeben. Zudem würden beispielsweise eine zentrale Vergabeplattform, auf der Ausschreibungen aller öffentlichen Auftraggeber einfach auffindbar sind, sowie standardisierte Prozesse und eine Medienbruchfreiheit, die eine schnelle Dateneingabe ermöglichen, die psychologische Belastung in den Unternehmen deutlich reduzieren", empfiehlt IfM-Wissenschaftler Sebastian Schneider.