Round Table Mittelstand diskutierte über die Rolle der Ordnungspolitik angesichts der aktuellen Transformation
Eine Rückbesinnung auf die Soziale Marktwirtschaft sowie auf die Werte Eigenverantwortung und Leistungsprinzip forderte Dr. Constantin Terton (Zentralverband des Deutschen Handwerks) heute auf dem Round Table Mittelstand in Berlin: "Wir müssen den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder durch Pragmatismus in der Regulierung, Technologieoffenheit, wirkungsvollen Preismechanismus, eine wachstumsorientierte und wettbewerbsfähige Steuerpolitik, nachhaltig finanzierte Sozialsysteme und Entlastung von lohnintensiven Betrieben stärken“, mahnte der ZDH-Bereichsleiter Wirtschaftspolitik an. Über 30 Vertreterinnen und Vertreter von wissenschaftlichen Instituten, Wirtschaftsverbänden, von der KfW Bankengruppe, der OECD sowie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und dem Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen diskutierten im Bundeswirtschaftsministerium über die Frage "Mittelstandspolitik in Zeiten von Transformation: Welche Rolle spielt die Ordnungspolitik?".
Aus Sicht von Dr. Armgard Wippler, Leiterin der Unterabteilung für Mittelstandspolitik, Dienstleistungswirtschaft und Corona Programme, greift das IfM Bonn damit auch im zehnten Jahr der Veranstaltungsreihe "Round Table Mittelstand" relevante Fragestellungen auf: "Gründerinnen und Gründer gestalten – ebenso wie die etablierten mittelständischen Unternehmen – heute den Wandel zu einer digitalen und nachhaltigen Wirtschaft. Wir müssen dem Mittelstand Raum zur Entfaltung von Kreativität und Unternehmergeist geben und seinen Beitrag zur doppelten Transformation noch stärker würdigen."
Mittelstandspolitik sollte nach Ansicht von Prof. Dr. Dr. h.c. Friederike Welter (IfM Bonn/Universität Siegen) aktivierend wirken – und im Sinne von Ludwig Erhard nur die Spielregeln vorgeben und nicht aktiv ins Spiel eingreifen. "Regulierungen stellen Spielregeln dar – Sie schaffen einen verlässlichen Rechtsrahmen. Daher ist Bürokratie per se auch nichts Negatives. Im Gegenteil. Kommen jedoch immer neue Regulierungen hinzu, kann der Kostenaufwand schnell den Mittelstand überfordern – und den Unternehmerinnen und Unternehmern die Freude an ihrer Selbstständigkeit nehmen." Hans-Jürgen Wolter (IfM Bonn) zeigte am Beispiel der ökologischen Transformation auf, dass die Akzeptanz von Regulierungen auch vom Detailgrad der Vorschriften und deren Verständlichkeit abhängt: "Neue klimafreundliche Regulierungen sind nur dann sinnvoll, wenn sie den Unternehmerinnen und Unternehmern aufzeigen, was hierdurch konkret zum Klimaschutz beigetragen wird. Für die Umsetzung sollte ihnen zugleich ein möglichst großer Spielraum gelassen werden", forderte der IfM-Projektleiter auf dem Round Table Mittelstand.
Auch Prof. Dr. Jörn Block (Universität Trier) warnte davor, bei der ökologischen Transformation vorrangig auf Druck zu setzen. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die Unternehmen eher auf symbolische Maßnahmen wie freiwillige CO2-Zertifikate setzen anstatt konkrete Maßnahmen zu initiieren: "Um wirkliche Veränderungen bei den Unternehmen hervorzurufen, sollten die Unternehmerinnen und Unternehmer dazu bewegt werden, aus eigenem Interesse ihre Emissionen zu reduzieren“, so der Trierer Professor.
Um gute Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen zu schaffen, bedarf es nach Untersuchungen von Prof. Dr. Alexander S. Kritikos (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) auf regionaler Ebene aber auch einer höheren Qualität von Verwaltungen, die die konstant zunehmenden Regulierungsvorschriften rascher und effizienter als bisher umsetzen: "Es gibt zwar keine goldene Formel, wie sich gute Verwaltungen auf dieser Ebene entwickeln lassen. Das Beispiel der nordeuropäischen Staaten lässt aber vermuten, dass in Ländern, in denen die Kommunen einen substanziellen Anteil aus dem lokalen Einkommen- und Körperschaftsteueraufkommen erhalten, ein höherer Anreiz besteht, sich um ein gutes lokales Wirtschaftsklima zu kümmern“, resümierte das DIW-Vorstandsmitglied.
Welche Bedeutung Daten für die digitale Transformation im Mittelstand haben, zeigte Jan Büchel (Institut der deutschen Wirtschaft) in seinem Vortrag auf. Zugleich forderte er, dass den Unternehmen bei der Bewirtschaftung ihrer Daten nicht zusätzliche Hürden aufgebürdet werden: "Aktuell bleibt abzuwarten, welchen Effekt die zahlreichen Datenregulierungen auf EU-Ebene – darunter der Data Act, der Data Governance Act und der AI Act – auf die Unternehmen haben werden. Je mehr Hemmnisse abgebaut werden, desto zielgerichteter können die Unternehmen jedoch ihre Datenkompetenzen einsetzen – und somit Daten noch effizienter nutzen", erklärte der IW-Wissenschaftler.